Bevor ich mit der Übersetzung beginne, habe ich mir die englischen Sätze der Gwani und vor allem die darin enthaltenen Fehler mal genauer angeschaut und versucht, darin wiederkehrende Muster zu isolieren. Was dabei verstärkt auffiel, waren einige wenige, allgemeine Besonderheiten des Dialekts:
1. Keine Verwendung von komparativen oder Superlativformen für Adjektive, stattdessen: “gut, sehr viele”.
2. Keine Verwendung von bestimmten Artikeln “der”, “die” oder “das”
3. Verben werden nur selten konjugiert, und sogar nie in die 3. Person Singular (ist -> sein)
4. Einige der Gwani verwenden aber auch gar keine Form des Verbs “Sein”
Insbesondere aus den letzten beiden Punkten wird schon deutlich, dass das Sprachvermögen der einzelnen Individuen extrem unterschiedlich ist. Vor dem Hintergrund ihrer sozialen Strukturen und der geringen Anzahl der Mitglieder der Gruppe, ist das aber nur folgerichtig:
– Gemäß dem Spiel, erlernen die Gwani die Menschensprache von Gwenno
– Es ist wahrscheinlich, dass ein Teil der Gruppe, z.B. durch Krankheit oder andere Verpflichtungen wie Jagen, dem Unterricht häufiger fern bleiben musste als andere Mitglieder. Daher ergibt es Sinn, dass die am schwächsten ausgeprägte Sprachkompetenz, bei den Jägern zu finden ist. Auch die kranke Tochter der Anführerin, spricht die Sprache der Menschen nur leidlich gut.
Insgesamt habe ich so vier Qualitätsstufen ausmachen können:
A1 – kaum ausgebildete Sprachkompetenz: nutzt nur 2-3 Wort-Sätze (Bwundai & Mwaerno)
A2 – schwach ausgebildete Sprachkompetenz: nutzt keine Verben, keine Steigerungen und nur Infinitivformen: “Gut sein, sehr viel”, “Viele Freude groß” (Gilwoyai, Neyobi & Kapyundi)
B1/2 mittlere Sprachkompetenz: Einfache, fehlerhafte Grammatik “Wir sein gewurdet angreifen!” (Baiyanda & Myauri)
C1 – gute Sprachkompetenz: spricht fast fehlerfrei, macht nur sehr wenige der regelmäßigen Fehler (Yenani)
So weit, so gut.
An dieser Stelle musste ich entscheiden, ob ich eine Idee, die ich schon früh hatte, tatsächlich so einbaue:
Die Gwani sind eine von jeher matriarchische Gesellschaft gewesen. Die Idee: Diese Tatsache würde eine sich über Generationen ausbildende Sprache einer Gesellschaft beeinflussen. Ich denke, es wäre daher wahrscheinlich, dass Worte häufiger einen generischen Femininum besäßen und vielleicht die männlichen Formen ein Anhängsel bekämen – halt gerade umgekehrt zu unserer Sprache: nicht Baron (m) und Baron~ess (w), sondern vielleicht als Grundform Barona (w) und Barona-er (m) – ich hoffe, es wird einigermaßen deutlich was ich meine. (Und nein, dies ist mitnichten als Beitrag zur feministischen Linguistik gedacht oder geeignet…. davon habe ich keine Ahnung)
Und wenn man das als gegeben annimmt: wäre es dann nicht ebenfalls denkbar, dass man auch neu erlernte Worte in vertrautere, althergebrachte Grammatik beugt?
Probieren wir’s halt aus….
Und damit zurück zur Ausgangsüberlegung: ich wollte dieser Sozialisierung durch die Verwendung femininer Wortgrundformen Rechnung tragen, für welche eine notwendige männliche Form mit einem entsprechenden Zusatz versehen wird.
Entsprechend wurde aus:
“PartnER” -> “PartnA” und als solcher standardmäßig mit einem weiblichen Artikel verwendet: “die Partna”
Dem habe ich dann eine Silbenendung beigefügt, die in der Gwani-Sprache verstärkt zu finden war: “~ta”
“Partna” -> (eine) “Partnata”
Das männliche Pendant wurde mit einem Interfix (Präfix
[Substantiv]~aeta (-> Standardform männlich)
Entsprechend bezeichnet “(der) Jägaeta” einen männlichen Jäger, “(die) Heilata” aber eine weibliche Heilerin…
Konkretes Beispiel aus dem Text: “Ich Myauri. Sein Jägaeta. Meine Partnata Yenani sein Anführata von Gwani. Ich, Vater von Neyobi und Kapyundi.”
Also dann, die Grundzüge stehen: Los geht’s mit der Übersetzung 🙂